Projektmanagement 2.0: Alles, was Sie über agiles Projektmanagement wissen müssen
Eine Einführung in agiles Projektmanagement, um Ihre Projektplanung ab sofort flexibler und kundennah zu gestalten.
Stellen Sie sich vor, Sie möchten eine mehrtägige Fahrradtour planen. An was müssen Sie denken? Allwetterkleidung und Werkzeug sind ein Muss. Die Strecke ist gut planbar, doch schon beim Wetter eröffnen sich einige Unsicherheiten. Eine Vorhersage ist nie hundertprozentig. Schlussendlich muss jede Etappe nacheinander bewältigt werden, da unerwartete Wetterumschwünge oder andere Begebenheiten eine täglich neue Herausforderung darstellen können.
Vor einer ähnlichen Situation stehen heutzutage Produkt- und Softwareentwickler. Die Welt ist im Zuge der Digitalisierung schnelllebig und komplex geworden. Trends und rasant ändernde Kundenwünsche bestimmen den Markt. Klassische Projektmanagement Methoden stoßen aufgrund fehlender Flexibilität daher schnell an ihre Grenzen. Als Reaktion darauf, entwickelte sich Anfang des neuen Jahrtausends mit der agilen Softwareentwicklung ein Lösungsansatz, der als agiles Projektmanagement mittlerweile branchenübergreifend eingesetzt wird.
Was ist agiles Projektmanagement?
Agiles Projektmanagement ist grundsätzlich nichts Neues. Schon Ende der 1940er Jahre entwickelte Toyota mit Kanban ein agiles Konzept, zur Kontrolle und Reduktion der eigenen Lagerbestände. Ende der 90er Jahre wurde die Notwendigkeit für nutzerorientierte Programme in der Softwareentwicklung immer größer. Die ursprünglichen agilen Methoden wurden zu diesem Zweck modifiziert und nach einer Weile in anderen Bereichen erfolgreich adaptiert.
Dass agile Methoden nicht nur in Start Ups ihre Relevanz besitzen, zeigen große Unternehmen wie Spotify, die mittlerweile auf agiles Projektmanagement schwören und sogar eigens daran angelehnte Konzepte entwickelt haben. Dazu später mehr.
Der Nutzer spielt im agilen Projektmanagement eine entscheidende Rolle. Feedback durch Interessengruppen ist Bestandteil jedes Projekts und wird regelmäßig eingeholt. Vorhaben werden nicht mehr bis in letzte Detail durchgeplant, sondern iterativ, also in zyklischen sich wiederholenden Planungssequenzen umgesetzt. Am Ende dieser Zyklen, den sogenannten Sprints, steht die Veröffentlichung eines Teilprodukts. Ein Produkt entsteht dementsprechend nach und nach, wobei in der Entwicklung direkt auf Kundenbedürfnisse und auftretende Probleme eingegangen werden kann. Kosten werden so optimal reguliert.
Ein Meeting am Ende eines Sprints schließt diesen ab. Hier wird über die vergangene Etappe reflektiert, Ergebnisse besprochen und Probleme identifiziert. In Hinblick auf diese Evaluierung und dem eingehenden Nutzerfeedback, setzt sich das Team zusätzlich neue Ziele und Aufgaben für die nächste Etappe. Dieses Vorgehen ermöglicht große Flexibilität, da Probleme direkt erkannt und behoben werden können.
Zusammenarbeit und gemeinsame Entscheidungsgewalt besitzen im agilen Projektmanagement große Relevanz. Es geht nicht mehr darum, dass jedem Mitarbeiter vorgeschrieben wird, was zu tun ist. Viel mehr entscheidet das Team gemeinsam, welche Aufgaben anstehen und welche Ergebnisse angestrebt werden. Die Hierarchien sind bei agilem Projektmanagement demnach flach, sodass ohne Hemmungen auf Probleme reagiert werden kann.
Das agile Manifest: die Wende der Softwareentwicklung
2001 definierte mit dem agilen Manifest eine Gruppe von Experten die Richtlinien für agile Softwareentwicklung, die auch für das heutigen agilen Projektmanagement gelten. Ziel war es, ein Konzept zu entwickeln, das flexible und nutzerorientierte Softwareentwicklung ermöglicht, um in kurzen Abständen Produkte zu liefern. Zusätzlich wurde der Begriff „agil“, als passende Umschreibung für die Anpassungsfähigkeit der Methode ausgewählt.
Das Konzept besteht aus vier Werten und zwölf Grundprinzipien, die den Grundpfeiler aller agiler Methoden bilden und folglich auch bei agilem Projektmanagement eingehalten werden sollten
Werte:
- Individuen und Interaktionen stehen über Prozessen und Werkzeugen
- Funktionierende Software ist wichtiger, als eine umfassende Dokumentation
- Zusammenarbeit mit den Kunden besitzt eine größere Notwendigkeit, als Vertragsverhandlungen
- Das Einhalten von Plänen ist weniger wichtig, als die Offenheit für Veränderung
Prinzipien:
- Die Zufriedenheit des Kunden hat oberste Priorität
- Anforderungen und Vorschläge des Kunden sind, egal in welcher Projektphase, einzubeziehen
- Funktionierende Software und Teilprodukte müssen konstant veröffentlicht werden
- Experten und Entwickler sollten in enger, täglicher Zusammenarbeit stehen.
- Vertrauen in die eigenen, hochmotivierten Mitarbeiter ist zum Erzielen von optimalen Ergebnissen sehr wichtig.
- Das Team steht im ständigen kommunikativen Austausch miteinander
- Funktionierende Software ist das ideale Maß für Erfolg
- Nachhaltige Entwicklung von Produkten sollte durch agile Prozesse zu jeder Zeit in gleichmäßigem, hohem Tempo, durch alle Teammitglieder gewährleistet werden.
- Agilität wird durch den fortlaufenden Fokus auf technische Exzellenz und Design gesteigert
- Die Software sollte in ihrer Bedienung immer nutzerfreundlich sein
- Die Teams sind selbstorganisiert und entscheiden eigenständig über anstehende Aufgaben
- Reflexion ist ein wichtiger Bestandteil der Entwicklung. In regelmäßigen Abständen sollte das Team daher die eigene Arbeit überprüfen und daran neue Aufgaben anlehnen
Verlaufsplan für die Umsetzung von agilem Projektmanagement:
Trotz Anstreben einer größtmöglichen Flexibilität, muss auch im agilen Projektmanagement einiges geplant werden. Der erste Planungsschritt beginnt jedoch damit, dass Sie sich bewusst werden, ob agiles Projektmanagement als geeignete Methode für Ihr Projekt in Frage kommt.
Wichtige Planungsschritte bei agilem Projektmanagement:
- Projektplanung: Erstellen von Produktplan und Produktvision
- Veröffentlichungsplan: Festlegung von Sprint und Veröffentlichungszeiträumen
- Sprints: kurze Entwicklungszyklen, deren Ziel ein fertiges Produkt ist
- Tägliche Scrums: tägliches Team- Meeting, bei denen Fortschritte, Aufgaben des Tages und mögliche Schwierigkeiten besprochen werden
- Sprint-Evaluierung: Evaluation am Ende eines Sprints. Reflexion der Aufgaben, Probleme, Ziele und Nutzerfeedback der vergangenen Etappe. Weitere Sprints werden daran orientiert
Aufgaben für die Umsetzung von agilem Projektmanagement:
- Produktvision: Definition der übergeordneten Ziele
- Produktplan: Festlegen nötiger Anforderungen zum Erreichen der Produktvision
- Product-Backlog: Nach Prioritäten geordnete Liste aller nötigen Projektanforderungen
- Veröffentlichungsplan: Überblick des Projektverlaufs, der Sprint-Zeiträume und Teil-Veröffentlichungen
- Sprint Backlog: dokumentarische Übersicht aller Ziele, Aufgaben und Feedbacks der einzelnen Sprints
- Increment: Teilprodukt, am Ende eines jeden Sprints. Wird den Stakeholdern präsentiert und im Idealfall danach veröffentlicht
Zu besetzende Rollen:
- Produktexperte: hat eine Team-unterstützende Funktion, pflegt Kontakt zu Stakeholdern, verwaltet den Product-Backlog und hat einen Überblick über alle Aufgaben
- Entwicklungsteam: kleine Expertenteams, die die Entwicklung des Produkts verantworten
- Projektmanager: stellt die benötigten Ressourcen zur Verfügung, kontrolliert den Fokus des Teams und verantwortet die Daily Scrums
- Interessengruppen (Stakeholder): Sind am Projekt interessiert und geben Feedback, woran Fehler und weitere Arbeitsschritte orientiert werden. Stellen eine Brücke zwischen Nutzern und Entwicklungsteam dar
- Agil-Mentor: Experte für agile Projektmanagement Methoden. Kontrolliert die Umsetzung der agilen Methoden und entwickelt neue, Arbeitsprozess-verbessernde Konzepte
Beliebte agile Projektmanagement Methoden – Kanban und Scrum
Agiles Projektmanagement ist ein Konzept, das auf unterschiedliche Art und Weise eingesetzt werden kann. Im Laufe der Jahre haben sich daher einige agile Methoden entwickelt, um so für beinahe jedes Projekt einen idealen Ansatz zu bieten. Scrum und Kanban gehören zu den gängigsten und gleichzeitig populärsten agilen Methoden. Es ist dementsprechend lohnenswert, einen genauen Blick darauf zu werfen:
Kanban, das Erfolgsmodell aus Japan:
Kanban, als erste große agile Projektmanagement Methode, ist ein von Toyota bereits in den 1940er Jahren entwickeltes, teamorientiertes Modell, zur Prozessoptimierung. Kanban orientiert sich an einem Pull-System, d.h. dass Teilaufgaben nach Erledigung nicht direkt an den nächsten Mitarbeiter weitergegeben werden können. Im Prozessfluss folgende Mitarbeiter wählen selbst, wann sie die weitergegebene Aufgabe erledigen möchten. Parallel laufende Arbeitsschritte werden so auf ein Minimum reduziert. In täglichen Meetings werden zudem Probleme, Aufgaben, Erfolge und Fortschritte besprochen, sodass das gesamte Team zu jedem Zeitpunkt des Projekts einen Überblick über alle Vorgänge besitzt.
Unterstützende Kanban-Boards visualisieren Projektabläufe zusätzlich. Anstehende Aufgaben werden ihrem Bearbeitungsstatus nach in drei Listen aufgeteilt. Klassisch werden folgende Kategorien gebildet:
- to-do: Sammlung aller anstehenden Aufgaben
- in progress/ doing: Sammlung aller aktuellen, sich in Bearbeitung findenden Aufgaben
- done: Liste aller erledigten Aufgaben
Sie können aber auch eigene, an Ihrem Projekt orientierte Begriffe ergänzen, wie beispielsweise ideas oder ongoing tasks.
Die größte Stärke von Kanban Boards ist die Visualisierung von Arbeitsprozessen. Jeder Mitarbeiter hat zu jedem Zeitpunkt im Projekt einen Überblick darüber, wer gerade an was arbeitet und welche Aufgaben anstehen. Überlange Meetings werden so hinfällig und die Kommunikation untereinander optimal gefördert. Doppelungen im Bearbeitungsprozess können zudem vermieden werden, wodurch der gesamte Projektverlauf effizienter gestaltet wird.
Der Einsatz von Online Tools, wie Zenkit erleichtert das Arbeiten mit Kanban Board noch einmal. Aufgrund von Filtern wird die Übersichtlichkeit auch bei großen Projekten gewahrt. Kanban Boards sind zudem nicht mehr ortsgebunden und können über Ländergrenzen hinweg eingesetzt werden.
Kanban als agile Projektmanagement Methode, eignet sich vor allem bei kleinen Projekten mit festen Teams. Ist Ihr Team zu groß oder konstant wechselnd, werden Kanban Boards schnell zu unübersichtlich. Folglich müssen Sie eine andere agile Methode wählen, damit Ihr Projekt so effektiv wie möglich umgesetzt werden kann.
Scrum, iteratives Vorgehen für mehr Erfolg:
Scrum ist eine der meistgenutzten Projekt- Strategien und als agile Projektmanagement Methode äußerst beliebt. Scrum ist durch festgeschriebene Regeln, Rollenverteilungen und Abläufen geprägt und setzt die Grundausrichtung agiler Methoden sehr genau um.
Zu Beginn eines jeden Projekts wird ein langfristiger Plan (Product Backlog) erstellt, der ständig angepasst werden kann. In zyklischen Sprints werden Aufgaben abgearbeitet, um am Ende einer Etappe ein fertiges Produkt vorzustellen. Den Sprint und die Ergebnisse reflektierend, werden dann zukünftige Vorgehensweisen und Ziele festgelegt. In täglichen Meetings, den Daily Scrums, werden Aufgaben, Probleme und Fortschritte der vergangenen und kommenden Tage besprochen. Jedes Teammitglied hat dadurch, zu jedem Zeitpunkt des Projekts, einen Überblick über alle laufenden Vorgänge. Das Feedback der Stakeholder (Interessengruppen) wird in jeder Etappe einbezogen, um bestmögliche, am Nutzer orientierte Produkte zu entwickeln.
Scrum ist klar strukturiert und eignet sich daher ideal für Großprojekte, bei denen das fertige Produkt nicht absehbar ist.
Wie sehen agile Methoden in der Realität aus?
Wie agiles Projektmanagement in der Realität eingesetzt werden kann, zeigt der Streaming-Dienst Spotify. Agiles Projektmanagement wurde hier adaptiert und durch zusätzliche Arbeitsschritte und Funktionen erweitert. Das Konzept ist sehr erfolgreich und wurde daher auch von anderen Unternehmen, wie der deutschen Telekom, übernommen.
- Squads: selbstorganisierte Teams, die spezifisches Aufgabenfeld, wie beispielsweise der Verbesserung der Android App, abdecken. In jedem Squad gibt es eines Product Owner, der Aufgaben festlegt und Mitarbeiter einstellt
- Tribes: übergeordnete Gruppe, in denen sich mehrere thematisch ähnliche Squads zusammenfinden. Regelmäßig finden Meetings zum Austausch untereinander statt.
- Chapters: Expertengruppen, in denen Personen mit ähnlichen Arbeitsfeldern außerhalb von Squads zusammentreffen, um Schwierigkeiten, Ressourcenplanung und Probleme zu besprechen
- Gilden: Sind Tribe übergreifend, wobei Mitarbeiter aus allen Tribes mit unterschiedlicher Expertise zusammenfinden. Hier werden Spezialprobleme besprochen
- Agile Coach: Hat Ahnung von agilem Projektmanagement und entwickelt stets neue Konzepte
Klassisches vs. Agiles Projektmanagement
Die Unterschiede zwischen klassischem und agilem Projektmanagement sind teilweise nicht sofort ersichtlich. Die folgende Tabelle soll Ihnen daher einen besseren Überblick geben.
Klassisches Projektmanagement | Agiles Projektmanagement |
---|---|
Genaue Planung: Kosten, Ziele, Ressourcen werden klar festgelegt | Klare Zielsetzung und Terminvergabe |
Lineare Vorgehensweise | Zyklische Vorgehensweise |
Feste Prozesse | Konstante Verbesserung der Prozesse |
Anforderungen nur am Anfang erfasst | Kontinuierliche Erfassung neuer Anforderungen |
Wenig Einfluss der Stakeholder | Konstantes Feedback durch Stakeholder verbessert die Arbeitsprozesse |
Änderung im Prozess werden vermieden | Konstante Anpassungen bestimmen den Projektverlauf |
Lange Meetings mit genauer Dokumentierung | Tägliche, kurze Meetings erleichtern die Kommunikation untereinander |
Klare Hierarchien | Jeder Mitarbeiter ist wichtig und kann Ideen einbringen |
Teams können an mehreren Projekten gleichzeitig arbeiten | Teams legen den Fokus auf ein Projekt und arbeiten durchgängig an diesem |
Vorteile des agilen Projektmanagements
Flexibilität wird in vielen wirtschaftlichen Bereichen immer wichtiger. Agiles Projektmanagement ist ein idealer Ansatz, um in diesen, sich konstant verändernden Märkten Fuß zu fassen. Unternehmen wie Spotify zeigen, dass mit agilen Ansätzen auch im großen Stile erfolgreich gearbeitet werden kann. Und auch die vielen Vorteile gegenüber klassischer Methoden sprechen für sich.
Agiles Projektmanagement …
- ist flexibel und anpassungsfähig
- ein schneller Problemlöser, aufgrund hoher Reaktionszeiten
- ermöglicht genaue Kostenkontrolle
- verbessert die Kommunikation mit Team und Nutzern
- erhöht den Fokus auf Kundenbedürfnissen, um so erfolgreich Produkte zu kreieren
- ermöglicht optimale Projekt- und Kostenkontrolle
Ist agiles Projektmanagement die Methode für Ihr Projekt?
Auch wenn agiles Projektmanagement nach einer idealen Lösung klingt, kann der agile Ansatz nicht in jedem Projekt effektiv umgesetzt werden. Agiles Projektmanagement eignet sich vor allem bei Projekten, die ein komplexes, nicht absehbares Ziel verfolgen und deren Endprodukt nicht absehbar ist. Muss ihr Projekt schnell Ergebnisse liefern und das Produkt ständig angepasst werden? Dann ist diese Art von Management perfekt geeignet für Sie.
Es liegt schlussendlich an Ihnen und Ihrer Einschätzung, ob Sie agiles Projektmanagement einsetzen können. Durchhaltevermögen ist maßgebend, denn eine Umstellung zu agilem Projektmanagement erfordert viel Vorbereitung und Hartnäckigkeit. Starten Sie eine Pilotphase mit einem kleinen Team und stellen Sie für sich fest, welche Methode am besten zu Ihnen passt. Kommunikation mit Ihren Mitarbeitern ist im gesamten Prozess notwendig, denn ein agiles Konzept ist nur dann erfolgreich, wenn Sie und Ihr Team gemeinsam an einem Strang ziehen. Schlussendlich haben Sie nur im Team Erfolg und so sollte auch mit Ihren Mitarbeitern erarbeitet werden, ob und wie agiles Projektmanagement für Ihre Bedürfnisse umgesetzt werden kann.
Haben Sie bereits Erfahrungen mit agilem Projektmanagement und können Sie uns darüber berichten? Wünschen Sie sich weitere Tipps, wie Sie agiles Projektmanagement in Zenkit umsetzen können? Was ist Ihre Methode zum Erfolg? Wir freuen uns über Ihre Erfahrungen, Ideen und Kommentare.
Wir freuen uns, von Ihnen zu hören
Bis bald!
Dominik und das Zenkit Team