Verwaltungsprozesse visualisieren mit Prozessmapping
Ein Leitfaden für Entscheider und Digitalisierungsverantwortliche in der Verwaltung.
In vielen Behörden ist der Ablauf alltäglicher Vorgänge nur wenigen Mitarbeitenden vollständig bekannt. Prozesse sind historisch gewachsen, über Jahre hinweg kaum dokumentiert worden – oder bestehen lediglich in Form textlastiger Arbeitsanweisungen. Das Ergebnis: Ineffizienzen, Medienbrüche, Abstimmungsprobleme und hoher Einarbeitungsaufwand für neue Kolleg:innen.
Wenn Sie Ihre Abläufe ganzheitlich erfassen, strukturiert analysieren und verständlich dokumentieren möchten, dann bietet dieser Beitrag Ihnen die Orientierung, die Sie brauchen.
Wir geben Ihnen kompakt und praxisnah:
✅ Eine klare Definition, was Prozessmapping ist – und was es nicht ist
✅ Eine praktische Anleitung, wie Sie Schritt für Schritt Prozesslandkarten erstellen
✅ Relevante Tools, Methoden und Tipps speziell für die öffentliche Verwaltung
Was ist Prozessmapping?
Prozessmapping beschreibt die visuelle Darstellung eines Ablaufs z.B. in Form eines Flussdiagramms oder einer sogenannten Prozesslandkarte. Ziel ist es, einen Geschäftsprozess – also die strukturierte Abfolge von Aktivitäten zur Leistungserbringung – vollständig, verständlich und nachvollziehbar abzubilden. Dabei werden sowohl Arbeitsschritte als auch Verantwortlichkeiten, Dokumente und Schnittstellen zwischen Organisationseinheiten einbezogen.
Im Gegensatz zur rein textlichen Prozessbeschreibung steht beim Prozessmapping die grafische Visualisierung im Mittelpunkt. Das Ergebnis ist ein gemeinsames Verständnis über den Ist-Zustand eines Prozesses, welches die Grundlage für jede Form der Prozessoptimierung bildet.
Abgrenzung zu verwandten Begriffen
- Prozessmodellierung: Meist synonym gebraucht, jedoch oft formaler und IT-orientierter. Prozessmapping ist stärker auf Transparenz und Kommunikation fokussiert.
- Geschäftsprozessmanagement (BPM): Der strategische Rahmen, in dem Methoden wie das Mapping eingebettet sind.
Zielsetzung
In Behörden dient Prozessmapping als Einstieg in ein strukturiertes Prozessmanagement. Es ermöglicht, komplexe Vorgänge verständlich zu machen, fördert die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und bildet die Grundlage, um Geschäftsprozesse zu digitalisieren oder an sich verändernde Anforderungen anzupassen – beispielsweise durch Gesetzesänderungen oder die Einführung neuer Fachverfahren wie das OZG.
Warum ist Prozessmapping wichtig in der Verwaltung?
Der Handlungsdruck in öffentlichen Verwaltungen wächst: Bürger:innen erwarten digitale Services, Gesetzgeber verlangen kürzere Bearbeitungszeiten, und intern steigen die Anforderungen an Effizienz und Nachvollziehbarkeit. Gleichzeitig fehlt es oft an Transparenz – niemand weiß so recht, wie ein Prozess tatsächlich abläuft, wo Engpässe liegen oder wer wann wofür zuständig ist.
Prozessmapping schafft hier Abhilfe. Es bringt Licht in komplexe Abläufe und bietet die Grundlage für gezielte Verbesserungen.
Ihre zentralen Vorteile:
- Transparenz über Zuständigkeiten und Abläufe: Eine der größten Herausforderungen in Behörden sind stille Wissensinseln: Oft kennen nur einzelne Mitarbeitende bestimmte Abläufe im Detail. Prozessmapping hilft dabei, dieses Wissen zu visualisieren und zugänglich zu machen. Dadurch entsteht ein gemeinsames Verständnis für Prozesse – ein entscheidender Faktor für reibungslosere Zusammenarbeit und klarere Kommunikation.
- Schwachstellen identifizieren und optimieren: Durch die grafische Darstellung eines Prozesses lassen sich Medienbrüche, Doppelarbeiten oder unnötige Schleifen schnell erkennen. In vielen Fällen zeigen sich sofort Potenziale zur Vereinfachung – sei es durch die Neuverteilung von Zuständigkeiten, die Digitalisierung eines Schrittes oder den Wegfall überholter Formularwege.
- Wissen sichern und Einarbeitung erleichtern: In Zeiten von Ruhestand, Fluktuation oder Fachkräftemangel ist es essenziell, implizites Wissen strukturiert zu dokumentieren. Prozessmaps unterstützen dabei, komplexe Abläufe so darzustellen, dass neue Mitarbeitende sich schneller einarbeiten können – unabhängig davon, ob sie im Büro, Homeoffice oder an einem anderen Standort arbeiten.
- Grundlage für Digitalisierung und Automatisierung: Ob Einführung eines E-Akte-Systems, Schnittstellen zu Fachverfahren oder Anbindung an Bürgerportale – ohne eine klare Abbildung des Ist-Prozesses wird Digitalisierung zur Blackbox. Prozessmapping hilft dabei, die richtige Grundlage zu schaffen, um Geschäftsprozesse gezielt zu digitalisieren, zu automatisieren oder mit messbaren KPIs zu unterlegen.
Methoden und Tools im Prozessmapping
Je nach Ausgangslage, Zielsetzung und Teamzusammensetzung stehen Ihnen unterschiedliche Methoden zur Verfügung, um Prozesse zu erfassen und darzustellen. In der öffentlichen Verwaltung haben sich sowohl analoge Workshop-Formate als auch digitale Tools bewährt. Im Folgenden stellen wir beide Ansätze vor und zeigen, wie sie sich sinnvoll kombinieren lassen.
Brown-Paper-Methode und Workshops
Die Brown-Paper-Methode ist ein klassischer Workshop-Ansatz zur Prozessaufnahme: Auf einer großen Papierbahn („Brown Paper“) werden alle Prozessschritte mit Haftnotizen visualisiert – Schritt für Schritt, gemeinsam mit den Beteiligten.
Vorteile:
- Direkte Zusammenarbeit: Alle Akteure aus Verwaltung, Fachbereich und ggf. IT bringen ihr Wissen ein.
- Haptisches Arbeiten: Prozesse werden im Raum sichtbar und greifbar.
- Schnelle Korrekturen: Schritte lassen sich flexibel verschieben oder ergänzen.
Grenzen:
- Begrenzte Skalierbarkeit: Bei komplexen oder sehr langen Prozessen wird es schnell unübersichtlich.
- Nachbearbeitung nötig: Die Ergebnisse müssen digitalisiert werden.
- Nur vor Ort umsetzbar: Remote-Teilnahme ist nur schwer möglich.
Diese Methode eignet sich besonders gut als Einstieg in das Prozessmapping – etwa bei der Aufnahme eines kritischen Verwaltungsprozesses oder zur Förderung von Prozessbewusstsein innerhalb der Organisation.
Digitale Tools zur Prozessabbildung
Gerade in verteilten Teams oder im Kontext der Verwaltungsdigitalisierung gewinnen digitale Lösungen an Bedeutung. Hier einige gängige Tool-Kategorien:
Visuelle Modellierungssoftware
Programme wie Microsoft Visio, Lucidchart oder draw.io ermöglichen die einfache Erstellung von Flussdiagrammen. Prozesse können mit Symbolen (z. B. Aktivität, Entscheidung, Start/Ende) abgebildet und flexibel angepasst werden.
Kollaborative Whiteboards
Tools wie Miro oder Mural bieten interaktive Whiteboards, auf denen mehrere Personen zeitgleich arbeiten können – ideal für virtuelle Prozessmapping-Workshops mit Teilnehmenden aus verschiedenen Behördenstandorten.
BPM-Software (Business Process Management)
Digitale Lösungen wie SmartProcess und ADONIS für Geschäftsprozessmanagement ermöglichen es, Prozesse zu modellieren, zu dokumentieren und weiterführend zu analysieren.
No-Code-Prozessplattformen
No-Code-Prozess-Plattformen wie Zenkit ermöglichen es Fachabteilungen, Prozesse eigenständig zu modellieren, auszuführen und zu optimieren – ganz ohne Programmierkenntnisse. Sie kombiniert intuitive Benutzeroberflächen mit leistungsstarken Automatisierungsfunktionen und senkt so die Einstiegshürde für modernes Prozessmanagement erheblich.
Hauptfunktionen:
- Visuelle Prozessmodellierung ohne Code – intuitives Drag-and-Drop statt komplexer Modellierungssprachen
- Verknüpfung mit Rollen, Dokumenten und Systemen – z. B. für Genehmigungen, E-Akte-Anbindung oder Vorlagenmanagement
- Analyse von Prozessen – zur Identifikation von Engpässen oder Automatisierungspotenzialen
- Dashboards und Berichte – zur Steuerung, Kontrolle und kontinuierlichen Verbesserung
Diese Lösungen vereinen Modellierung, Ausführung und Monitoring in einer einzigen, benutzerfreundlichen Plattform – und machen Prozessmanagement erstmals für alle Fachbereiche zugänglich. So können Prozesse ganz ohne externe IT-Abhängigkeit schnell, flexibel und nachhaltig digitalisiert werden.
Schritt-für-Schritt: So führen Sie ein Prozessmapping durch
Die folgende Schritt-für-Schritt-Anleitung zeigt Ihnen, wie Sie gezielt vorgehen – von der Auswahl des Prozesses bis zur Ableitung konkreter Verbesserungen. Besonders in Behörden mit klaren Zuständigkeiten und formalen Abläufen sorgt dieser Ablauf für Klarheit und Effizienz.
1. Prozess auswählen und abgrenzen
Starten Sie mit einem konkreten Prozess, der häufig durchgeführt wird oder bekannt für wiederkehrende Probleme ist – etwa die Bearbeitung von Bürgeranträgen, Genehmigungsverfahren oder interne Abstimmungsabläufe.
💡 Tipp: Begrenzen Sie den Scope. Ein vollständiger End-to-End-Prozess ist selten beim ersten Versuch sinnvoll. Definieren Sie Start- und Endpunkt klar.
2. Informationen und Beteiligte einbeziehen
Sprechen Sie mit den Personen, die den Prozess tatsächlich durchführen. Nur sie kennen die operativen Details. Stellen Sie gezielte Fragen wie:
- Welche Schritte sind beteiligt?
- Wer ist zuständig?
- Welche Dokumente, Systeme oder Schnittstellen sind eingebunden?
Die Qualität des Prozessmappings hängt wesentlich von der Aktivität der Beteiligten ab.
3. Prozess visuell darstellen
Nutzen Sie ein geeignetes Tool oder ein Whiteboard, um den Prozess darzustellen. Achten Sie auf:
- Eine logische Reihenfolge
- Klare Symbole für Aktivitäten, Entscheidungen, Dokumente usw.
- Abgrenzung von Zuständigkeiten (z. B. nach Organisationseinheit)
Das Ziel: Der Ablauf soll auf einen Blick nachvollziehbar sein – auch für Außenstehende.
4. Schwachstellen analysieren
Gehen Sie gemeinsam mit dem Team durch den dargestellten Ist-Prozess und suchen Sie gezielt nach:
- Medienbrüchen (z. B. Papierformular → manuelle Eingabe)
- Rückfragen oder Schleifen
- Unklaren Zuständigkeiten
- Redundanzen oder Wartezeiten
Markieren Sie diese Stellen deutlich – sie sind Ansatzpunkte für Optimierung.
5. Verbesserungsmaßnahmen ableiten
Diskutieren Sie nun gemeinsam mögliche Maßnahmen zur Prozessoptimierung:
- Können einzelne Schritte entfallen?
- Lässt sich ein Vorgang automatisieren?
- Ist ein Fachverfahren bereits vorhanden, das besser genutzt werden kann?
- Welche Abstimmungen lassen sich vereinfachen?
Anschließend entsteht ein Soll-Prozess, der als neue Zielstruktur dienen kann – entweder für die Einführung eines digitalen Workflows oder zur Schulung neuer Mitarbeitender.
Praxisbeispiel aus der Verwaltung
Ein fiktives, aber typisches Beispiel zeigt, wie Prozessmapping in der öffentlichen Verwaltung messbare Verbesserungen ermöglichen kann – und zwar ohne direkt in neue IT-Systeme zu investieren.
Ausgangssituation: Antrag auf Bewohnerparkausweis
In einer mittelgroßen Stadt beschwerten sich Bürger:innen regelmäßig über lange Bearbeitungszeiten beim Bewohnerparkausweis. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag bei 14 Tagen, trotz digitalem Online-Formular.
Vorgehen
Die Stadtverwaltung entschloss sich zu einem interdisziplinären Prozessmapping-Workshop. Eingeladen waren:
- Sachbearbeiter:innen aus dem Ordnungsamt
- IT-Ansprechpartner:innen
- Teamleitung und interne Organisationseinheit
Mittels Brown-Paper-Methode wurde der gesamte Ablauf vom Antragseingang bis zum Versand der Genehmigung visualisiert.
Erkenntnisse
- Das Online-Formular erzeugte einen PDF-Ausdruck, der ausgedruckt, abgestempelt und wieder eingescannt werden musste.
- Zwei Freigaben durch Vorgesetzte erfolgten manuell und führten zu Verzögerungen bei Abwesenheiten.
- Rückfragen zur Adresse wurden nicht direkt, sondern per Post abgeklärt.
Mögliche Maßnahmen
- Einführung einer digitalen Freigaberegelung mit Stellvertretung
- Anpassung des Formularsystems zur direkten Integration in das Fachverfahren
- Klare Zuständigkeiten mit Eskalationsregelung im Workflow
Mit Umsetzung dieser Maßnahmen könnte die Bearbeitungszeit von 14 auf wenige Werktage – ohne zusätzliche Stellen oder neue Systeme. Der Bürgerkontakt würde schneller, die Sachbearbeitung effizienter, die Zufriedenheit höher.
Fazit – Klarheit schafft Fortschritt
Prozessmapping gehört zu moderner Verwaltung dazu. Wenn Sie wissen, wie Ihre Geschäftsprozesse tatsächlich ablaufen, können Sie gezielt handeln: ineffiziente Strukturen erkennen, Zuständigkeiten klären, Schnittstellen optimieren und den Grundstein für Digitalisierung und Automatisierung legen.
Gerade in der öffentlichen Verwaltung, wo Prozesse komplex, dokumentationspflichtig und oft organisationsübergreifend sind, bietet Prozessmapping einen praxisnahen und wirksamen Einstieg in strukturiertes Prozessmanagement.
Ob als Workshop-Format, digitale Modellierung oder Bestandteil einer umfassenden BPM-Strategie: Der erste Schritt ist immer derselbe – Verstehen, was ist, um gestalten zu können, was sein soll.
Welche Erfahrungen haben Sie mit Prozessmapping in Ihrer Behörde gemacht? Teilen Sie Ihre Perspektive – wir freuen uns auf Ihren Kommentar!
Annalena und das Zenkit Team
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